Die Vorstandsecke
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Die Vorstandsecke
Apollo 11 und der
Stromausfall in New York
Ein Beitrag von Bernhard Schmidt
Was haben der Stromausfall Mitte August 2003 und die Mondlandung im Juli 1969 miteinander zu tun? Direkt erstmal nichts. Auch der noch so kreative Verschwörungstheoretiker würde hier sicher keinen Zusammenhang konstruieren können. Interessanter sind vielmehr die Unterschiede zwischen den beiden so weit auseinander liegenden Ereignissen. |
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Apollo 11: markantes Zeichen der Überlegenheit amerikanischer (oder doch deutscher?) Technologie! Stromausfall in New York: Anzeichen für den wahren Zustand der technischen Kompetenz einer Supermacht?
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Satellitenbilder vom Nordosten der USA: Rechts in der Nacht des Stromausfalls, links 24 Stunden vorher |
Soweit man das heute von hier aus sagen kann wurde der Stromausfall in dem nordamerikanischen Netz durch den Zusammenbruch eines Kraftwerkes oder einer Übertragungsstation in Ohio ausgelöst. Normalerweise sollten Netzwerke ja den Ausfall einzelner Teilbereiche kompensieren können, dafür sind sie da. Am 15. August lief dieses Netzwerk wegen anhaltend hoher Stromnachfrage wieder am Limit. Der Ausfall in Ohio -sofern das die Ursache war- führte sofort zu einer Überlastung aller anderen Netzwerkbereiche, die sich dann automatisch nacheinander mit den entsprechenden Konsequenzen für 50 Millionen Menschen abschalteten.
Vorbehaltlich der abschließenden Ursachen-Klärung stehen schon heute die zwei eigentlichen Ursachen für den Blackout fest: ein mangelhaftes Stromversorgungssystem und der exorbitante Energieverbrauch in den USA. In Europa liegt der Stromverbrauch pro Kopf bei etwa 6000 kWh, in den USA fast doppelt so hoch. Was die Strominfrastruktur angeht so sind die Leitungen und Installationen in schlechtem Zustand und die Kraftwerke haben offenbar kaum Reserven, um Nachfragespitzen kompensieren zu können.
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Tausende gehen zu Fuß über die Brooklyn Bridge, nachdem der Verkehr zusammengebrochen ist |
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Die Brooklyn Bridge liegt völlig im Dunkeln, es sind deutlich weniger Menschen unterwegs |
Wie es aussieht haben die nach der Liberalisierung des Strommarktes entstandenen privaten Stromanbieter zugunsten eines kurzfristigen Shareholders Value Investitionen in die nachhaltige Verbesserung ihrer Infrastrukturen versäumt. Dass einige nun an der Börse dafür mit Kursabschlägen bestraft werden scheint die Notwendigkeit der Ausrichtung von Firmen auf nachhaltige Wertsteigerungen statt kurzfristiger Profite zu bestätigen.
Soviel ist sicher: unter Shareholder Value Gesichtspunkten wären wir heute noch nicht auf dem Mond. Apollo 11 war eine technologische, aber keine ökonomische Meisterleistung. Es war und ist bewundernswert, was die USA -mit deutscher Hilfe- da im Juli 1969 geschafft haben. Es verwundert dagegen sehr, dass dieselbe Nation eine Generation nach Apollo eine Technologie aus dem vorletzten Jahrhundert scheinbar nicht mehr im Griff hat. Das System Apollo war so gut durchdacht, das es auch im Krisenfall (Apollo 13) genug Reserven und Redundanzen hatte um eine Katastrophe zu verhindern. Jedem bei Apollo und in der amerikanischen Regierung war seinerzeit klar, dass ein Versagen des Systems und damit Nichterreichen des Mondes großen politischen und volkswirtschaftlichen Schaden angerichtet hätte. Die Schadenssumme hätte die Investitionen in die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Apollo-Systems weit übertroffen. Allein in New York wird der wirtschaftliche Schaden des Blackouts auf über eine Milliarde Dollar geschätzt, insgesamt dürfte es ein Vielfaches davon sein. Dafür hätte man auch das Stromnetz modernisieren können.
Aber auch bei der anderen Ursache des Blackouts, der Ineffizienz der Energienutzung in den USA, könnte man von Apollo lernen. Apollo wie die gesamte Raumfahrt ist nur möglich durch effiziente Ressourcennutzung bei Energie und Material. Jedes überflüssige Gramm Masse und jede überflüssige Kilowattstunde reduziert die Nutzlastkapazität und Lebensdauer von Raumschiffen und Satelliten. Wir könnten bei der Raumfahrt lernen, effiziente, sichere und energiesparende Systeme auf der Erde zu bauen. Warum wird das Wissen aus der Raumfahrt nicht überall angewendet?
John F. Kennedy hat in seinen Reden auch immer die stimulierende Wirkung von Apollo auf die Motivation der Jugend, die Wirtschaft, die Wissenschaft und die Industrie hingewiesen. Apollo hat sicher in vielen Industriebereichen einen Innovationsschub hervorgerufen, nicht zuletzt in der Mikroelektronik. Was aber wäre passiert, hätten sich die USA auch die Energieeffizienz der Raumfahrt zu Eigen gemacht und auf ihre terrestrischen Energieverbraucher in Industrie und Haushalten übertragen? Wir können nur raten, aber sicherlich wäre der eine oder andere Kampf ums Öl zu vermeiden gewesen, von der geringeren Umweltbelastung ganz zu schweigen. Selbstverständlich gilt diese Kritik auch anderen Industrienationen. Aber im Gegensatz zu den USA ist in Europa zumindest der Wille zum Energiesparen sowohl in den Köpfen der Menschen als auch teilweise in den Gesetzen verankert.
Bei Apollo wurde die Tugend perfektioniert, mit minimalen Ressourcen an Material und Energie Höchstleistungen zu erzielen. Natürlich lassen sich Raumfahrttechnologien schon aus Kostengründen nicht 1:1 auf die Erde übertragen. Aber neben direkten Spinn-offs wie der Solarenergietechnik wäre der wichtigste "Exportschlager" der Raumfahrt die hocheffizienten und Ressourcenschonenden Systeme. Nebenbei, mit den Mitteln der Raumfahrt hat man ja auch erst die Bedeutung der Ressourcenschonung für das Ökosystems Erde erkannt.
Liebe Amerikaner. Die Welt hat euch für Apollo bewundert. Zeigt der Welt nun, dass der Geist, der Apollo ermöglicht hat, auch heute noch wirkt: Alles ist erreichbar, auch die Halbierung des Energieverbrauchs.
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